Berlinale 2015 - Bulletin (5) - QUEEN OF EARTH

Eine junge Frau spricht verheult und aufgelöst in die Kamera: "Warum tust Du mir das an, ich brauche dich!" Aus dem Off antwortet eine Männerstimme: "Warum? Weil deine Abhängigkeit mich erstickt." Sie brüllt ins Off: "Verschwinde, lass mich in Ruhe!" Schnitt.



Auf der Tonspur folgt ein Score wie aus einem Thriller, bei dem jeden Moment jemand sein Leben lassen muss. Diese musikalische Tonlage setzt sich in QUEEN OF EARTH fort. Und auch wenn sie im ersten Drittel des Films noch reichlich affektiert wirkt, wird im Lauf der Erzählung deutlich, dass die Musik hier etwas vorwegnahm.

Alex Ross Perry erzählt die Geschichte zweier Freundinnen, die eine Woche zusammen in einem Sommerhaus an einem See verleben. Catherines Beziehung ist soeben in die Brüche gegangen und ihr Vater, ein renommierter New Yorker Künstler, ebenso kürzlich verstorben. Umso mehr kann sie die Abgeschiedenheit jetzt gebrauchen. Eigentlich. Aber genau genommen missfällt ihr die Ruhe an diesem Ort, an dem dem Sie nicht schlafen kann. Virginia, ihre Freundin mag diese Ruhe dafür umso mehr.
Catherine ist sich mit Virginia, deren Tante und Onkel das stattliche Haus gehört, häufig darin einig uneinig zu sein. Der Umgangston zwischen beiden kippt mitunter binnen Sekunden von freundlich zugewandt auf bissig. Alte Wunden werden aufgerissen, persönliche Anfeindungen unter der Gürtellinie zügig ausgetauscht.

Argwohn macht sich zwischen beiden breit, die sie zunehmend glauben mit der Anderen stimme irgendetwas nicht. Mit ihnen wird auch der Blick der Kamera misstrauischer und hält für gefühlte Ewigkeiten auf den Gesichtern der Frauen inne, lässt uns ihre Regungen studieren, nach Anhaltspunkten dafür suchen, wer hier eigentlich gerade psychotisch wird. Oder doch nicht?

Filmemacher Alex Ross Perry bricht und kontrastiert die Erzählung wiederholt mit sommerlich-sonnendurchflutetem Licht. Er lässt die Kamera für Momente bei friedlichen Kleinoden verweilen, fast so als wolle er versichern, dass eigentlich doch alles in bester Ordnung sei. Wenn da nur die Musik nicht wäre, die dräuend von Abgründen kündet. QUEEN OF EARTH präsentiert sich letztendlich als ein gleichermaßen irritierendes, wie auch kurzweiliges und fesselndes Stück Genrekino.

QUEEN OF EARTH | USA 2015 | Alex Ross Perry | 90' | FORUM